Tesla Model 3: 30 Tage Langzeittest
„Die perfekte Verschmelzung aus eleganter Limousine und aggressivem Rennwagen.“
Intro
Nach den ersten Eindrücken und meinem ersten Erfahrungsbericht nach einem Tag, habe ich mein Tesla Model 3 Performance einem 30-tägigen Langzeittest mit täglicher Nutzung unterzogen, um unterschiedliche Aspekte des Fahrzeugs zu bewerten. Um den Test möglichst interessant für die deutschsprachige Zielgruppe zu gestalten, habe ich vorab in meinem persönlichen und beruflichen Bekanntenkreis nachgefragt, welche Themen auf Interesse stoßen. Dabei haben sich sofort 5 wesentliche Themen heraukristallisiert. Let’s go!
Fahrverhalten
Das Tesla Model 3 punktet beim Thema Fahrverhalten in allen Hinsichten! Die Fortbewegung mit dem Tesla Model 3 unterscheidet sich ganz deutlich von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor.
Eine Sache ist mir bei dem „Wolf im Schafspelz“ nach 30 Tagen ganz besonders aufgefallen: Man fährt deutlich entspannter als mit einem Verbrenner. Das Tesla Model 3 bewegt sich (trotz Sportfahrwerk) extrem leise, sanft und mit wenigen Fahrgeräuschen fort und das wirkt sichpositiv auf eine ruhige Fahrweise aus.
Elegante und ruhige Fortbewegung, die einfach nur Spaß macht!
Kommen wir zum „Wolf“: das Handling des Tesla Model 3 ist spritzig, sportlich, straff. Die Beschleunigung: unfassbar! Durch den tiefen Fahrzeugschwerpunkt, das flache Design und knappen 487 PS fährt sich das Tesla Model 3 (Performance) wie ein Rennwagen – wenn man denn will! Es beschleunigt im Raketentempo von 0 auf 100 km/h, die Lenkung ist direkt und straff. Das Tesla Model 3 klebt nahezu auf der Straße und weist in nahezu allen Situationen eine 100%ige Traktion auf.
Innerhalb der Software kann man zwischen den Fahrmodi „Lässig“ und „Sport“ wechseln, sodass sich das sportliche Lenk- und Fahrverhalten zudem noch verändern lässt. Der „lässige“ Fahrmodus wird von Tesla für den Stadtverkehr empfohlen und reduziert die straffe und sportliche Lenkung. In diesem Modus ist die Lenkung etwas leichtgängiger und das Fahrzeug fühlt sich etwas „wendiger“ für Situationen (z.B. Einparken) im Stadtverkehr an. Ich nutze seit Auslieferung den Sport-Modus, da ich diesen in der alltäglichen Nutzung als sehr angenehm empfinde und mich noch nichts dazu bewegt hat, eine Änderung durchzuführen.
Die einzige Umstellung beim Fahrverhalten ist die Rekuperation, genauer gesagt das automatische Bremsen und die damit verbundene Rückgewinnung von Energie. Wenn man vom Gas geht, dann rollt das Tesla Model 3 nicht wie ein Verbrenner, sondern bremst automatisch etwas ab. An die Rekuperation hat man sich allerdings sehr schnell gewöhnt und kann diese bei Bedarf auch abschalten.
Für mich ist das Tesla Model 3 vom Fahrgefühl die perfekte Verschmelzung aus eleganter Limousine und aggressivem Rennwagen.
Je nach Bedarf und Laune stehen einem also immer beide Optionen offen. Ein Fahrerlebnis, was (zurzeit) seinesgleichen sucht!
Reichweite
Vorab: Tesla wirbt beim Tesla Model 3 Performance mit einer Reichweite von 530 Kilometern. Dass das bei allen Herstellern nur unter Idealvoraussetzungen funktioniert, versteht sich fast von selbst, wenn man sachlich auf die beworbenen Verbauchswerte von Verbrennern schielt.
Dennoch komme ich (im Frühling), bei täglicher Nutzung, normaler Fahrweise und einmaliger wöchentlicher Aufladung, auf 400 bis 450 Kilometer Reichweite. Diese Erkenntnis hat mich sehr positiv überrascht, denn ich bin aufgrund von Medienberichten von einer reellen Reichweite unter 400 Kilometern ausgegangen!
Diese Reichweite ist überraschend gut und erzeugt zwar keine Probleme, bringt bei längerer Nutzung allerdings auch kleinere „Eigenheiten“ mit sich. Zum einen ist es das gelegentliche „Ladestation-Hopping“ und zum anderen erfordert diese Reichweite eine durchdachte Routenplanung bei geringer Ausgangs-Reichweite/Akkukapazität und/oder Langstrecken.
Zusammengefasst bin ich mit der reellen Reichweite des Tesla Model 3 sehr zufrieden. Mehr zu den kleinen „Eigenheiten“ im nächsten Abschnitt, da sich diese mehr auf das Thema „Laden“ beziehen.
Laden
Ein gängiges Beispiel: Fahre ich mit dem Tesla Model 3 und „mittlerer“ Ladekapazität eine weitere Strecke, beispielsweise zu einem Termin, so sollte ich zumindest kurz über die Rückfahrt und die damit verbundene Route nachgedacht haben und einen (optionalen) Halt an einer Ladestation mit einplanen. Bestenfalls eine Schnellladestation mit CCS anpeilen, denn das Laden mit dem Typ-2-Kabel dauert dann doch etwas länger und Tesla hat das fehlende Typ-2-Kabel seit Auslieferung immer noch nicht nachgeliefert. Man kann momentan also (ohne Mehrkosten) nicht auf die Typ-2-Infrastruktur zugreifen. Typ 2 ist in Deutschland momentan noch flächendeckender verbreitet als der CCS-Ladestandard. Wie erwähnt muss man sich bei Typ-2 auf einen längeren Ladevorgang, im Vergleich zu CCS, einstellen.
Im direkten Vergleich zu Verbrennern sollte man seine Routen also zumindest kurz durchdenken oder voll geladen losfahren, denn die Lade-Infrastruktur für Elektrofahrzeuge ist in Deutschland logischerweise noch nicht so groß wie das Tankstellennetz. Auf dem Land sucht man ab und zu dann doch länger nach einer Ladestation 😉
Diese Dinge sind für mich im Alltagsgebrauch jedoch nicht weiter tragisch und stören mich zudem aus folgenden Gründen nicht:
- Zurzeit kann man an sehr vielen Ladestationen noch kostenlos laden.
- Ich denke kurz über meine Langstrecken und Routen nach.
- Hat das Tesla Model 3 noch einen kleinen integrierten Reichweiten-Puffer, welchen man nicht in der Ladestandsanzeige sieht.
Die Lade-Infrastruktur in Deutschland ist mittlerweile relativ gut ausgebaut und ich habe mich noch nie größeren Herausforderungen auf einer Route oder Reise stellen müssen.
Selbstverständlich muss man sich nach der Umstellung auf ein Elektrofahrzeug etwas an die neuen Gegebenheiten anpassen und auf einer Geschäftsreise beispielsweise ein Hotel mit Ladestation präferieren.
Mit einer durchdachten Routenplanung jedoch alles kein Problem!
Verarbeitung
Die Verarbeitung des Tesla Model 3 teile ich, nach meiner mängelbehafteten Auslieferung und dem Austausch mit anderen Tesla Model 3 Fahrern, in 2 Bereiche ein, welche sich von der Verarbeitung ganz klar voneinander unterscheiden: Innenraum und Karosserie.
Zusammengefasst kann man sagen, dass das Tesla Model 3 im Innenraum gut bis sehr gut verarbeitet ist, es an der Karosserie jedoch bei einigen Model 3 kleine bis größere Mängel und Probleme gibt, welche auf eine unsaubere oder ungenaue Produktion hinweisen.
Der Innenraum weist für ein amerikanisches Fahrzeug eine sehr hochwertige Verarbeitung auf und hebt sich durch das minimalistische und futuristische Design deutlich von anderen Fahrzeugen ab. Ein Großteil des Innenraums wirkt sehr hochwertig und kann sich problemlos in der Oberklasse sehen lassen. Das Lenkrad fühlt sich massiv und angenehm an, die veganen Ledersitze sind gut verarbeitet und sehr bequem. Der Touchscreen, die Zierleiste aus Holz, die Mittelkonsole und die Armlehne sorgen ebenfalls für einen edlen und gut verarbeiteten Eindruck.
Andere Teile des Innenraums sind wiederum etwas „einfacher“ verarbeitet und siedeln sich eher in der Mittelklasse an. Dazu gehören die üblichen dunkelgrauen Plastikverkleidungen im Cockpit und an den Türen, die Schalt- und Blinkerhebel und der (langweilige) hellgraue Dachhimmel.
Mein Gesamteindruck des Innenraums ist dennoch sehr positiv – das aufgeräumte Cockpit, die größtenteils hochwertige Verarbeitung und das futuristische Design machen das Fahrzeug im Innenraum zu einem echten Gamechanger.
Die Karosserie hingegen punktet nicht an allen Stellen. Das Glasdach ist milimetergenau in die Karosserie eingelassen und ein absoluter Hingucker. Die eingelassenen Türgriffe, die Einstiegsleisten und die silbernen Zierleisten sind gut verarbeitet. Alle Karosserieteile sind solide verbaut. Die anfänglichen Produktions- und Spaltmaßprobleme aus 2018 tauchen bei meinem Tesla Model 3 nicht auf. An nur einer Stelle (Tür hinten links) könnte das Spaltmaß etwas kleiner auffallen. Auf den ersten Blick macht die Karosserie einen soliden Gesamteindruck.
Umso ärgerlicher ist es, dass die Karosserie beim Model 3 in völlig selbstverständlichen und standardisierten Bereichen Mängel aufweist. Lackpickel, Lackmängel, Lackkratzer und Lacknebel sind an einigen Stellen vorhanden und trüben den soliden Ersteindruck der Karosserie.
Tesla scheint bei den Karosserie- und Lackierarbeiten im Werk noch Nachholbedarf zu haben. Diese Mängel sind nachträglich zwar von den Tesla Service Centern behebbar, insgesamt aber kein perfektes Ergebnis bei der Verarbeitung der Karosserie, insbesondere bei der Lackqualität.
Randbemerkung: Da das Tesla Model 3 in vielen Bereichen sehr gut abschneidet, möchte ich in diesem Beitrag nicht auf den Umfang meiner Mängel eingehen und verweise auf den Beitrag zu den Mängeln.
Bedienung und Konnektivität
Die Bedienung des Tesla Model 3 ist anfangs etwas „gewöhnungsbedürftig“, denn fast alle Einstellungen werden über den Touchscreen vorgenommen. Die einzige Ausnahme bilden die Schalt- und Blinkerhebel und die Scrollränder am Lenkrad. Viele Einstellungen sind nach einer kurzen Eingewöhnungszeit aber schnell auffindbar und man findet sich relativ intuitiv zurecht, da das Hauptmenü eine gute und nachvollziehbare Struktur hat.
Dennoch gibt es einige Einstellungen und Übersichten bei denen noch Optimierungsbedarf besteht. Die Anruffunktion ist beispielsweise ist etwas versteckt und auch das Symbol ist nicht gerade eindeutig. Auch würde ich mir bei der Ladestandsanzeige wünschen, dass beide Werte (Reichweite und Akkukapazität) angezeigt werden statt einer von beiden. Viele Dinge werden sicherlich mit kommenden Updates verbessert. Das ist der große Vorteil beim Tesla Model 3: man erhält ein updatefähiges Fahrzeug, welches sich stets verbessert.
In Sachen Konnektivität bin ich begeistert von dem Model 3. Das Pairing mit Mobiltelefonen funktioniert für die Musikwiedergabe und Schlüsselfunktion einwandfrei. Viele Einstellungen lassen sich aus der Ferne per App vornehmen, dazu zählt zum Beispiel die Durchführung von Updates oder die Aktivierung der Standheizung.
Als besonders gelungen empfinde ich die Dockingstation für Mobiltelefone vorne in der Mittelkonsole, die simpel aber wirklich sehr praktisch ist. Diese wird mit gängigen USB-Kabeln für Apple und Android Mobiltelefone geliefert, wovon dann 2 Kabel fest in der Dockingstation verbaut werden können, um die Mobiletelefone aufzustecken.
Die neuen Technologien „Android Auto“ oder Apple Car Play unterstützt das Tesla Model 3 allerdings nicht. Das ist nicht tragisch, aber schade.
Was ist anders?
Das Tesla Model 3 verhält sich nahezu fast wie ein Verbrenner – es macht in meinen Augen einfach nur mehr Spaß!
Auf der einen Seite erhält man ein zukunftsweisendes und futuristisches Fahrzeug mit modernen und innovativen Funktionen, welches einen unglaublichen Fahrspaß mit sich bringt und momentan sogar noch weitesgehend kostenlos an öffentlichen Ladestationen geladen werden kann.
Auf der anderen Seite muss man sich auf die Besonderheiten eines Elektroautos einlassen. Zu diesen Besonderheiten zählen das gelegentliche „Ladestation-Hopping“ und die etwas geringere Reichweite im Vergleich zu Verbrennern.
Insgesamt ist das Tesla Model 3 mit seiner reellen Reichweite mehr als ein absolut alltagstaugliches Elektroauto mit wenigen Unterschieden, die gegen das Model Tesla Model 3 sprechen würden.
Pro und Contra
Pro:
- Fahrspaß und Beschleunigun
- Entspanntes, ruhiges Fahrverhalten
- Reichweite (+ zurzeit kostenlose Lademöglichkeiten)
- Funktionen und Updates
- Futuristisches Design und Cockpit
Contra:
- Langstrecken über 450km
- Gelegentliches „Ladestation-Hopping“
- Verarbeitung (Karosserie und Lack)
Fazit
Das Tesla Model 3 hat meine Erwartungshaltungen bislang erfüllt und ist für mich die perfekte Verschmelzung einer eleganten Limousine und einem aggressivem Rennwagen mit hohem Fahrspaß.
Es ist ein tolles Abenteuer für Menschen, die offen für Innovationen sind ohne nennenswerte Nachteile für die Alltagsnutzung.
Insgesamt ein absolutes Traumauto, welches zurzeit seinesgleichen sucht!